Bad Neuenahr - Die Energiewende im Allgemeinen und eine Bestandsaufnahme für das vom Kreistag im Juni 2011 formulierte Ziel, bis zum Jahr 2030 bilanziell auf erneuerbare Energien umgestiegen zu sein, standen am Samstag im Mittelpunkt des vom BUND veranstalteten Energiesymposiums im Are-Gymnasium.
Reinhard van Ooyen, Vorsitzender der BUND-Kreisgruppe Ahrweiler, konnte dazu rund 50 interessierte Bürger aus dem Kreisgebiet begrüßen. "Die Energiewende im Kreis muss von unten durch die Bürger in den Kommunen erfolgen. Die politische Einigkeit des Kreistags seinerzeit ist der erste Erfolg gewesen. Heute steht das Thema auf der täglichen Agenda", machte Landrat Jürgen Pföhler, zugleich Schirmherr des Symposiums, deutlich. Zudem unterstrich er, dass die Windenergie einen (wenngleich auch überschaubaren) Beitrag zum Energiewandel leisten werde.
Hinsichtlich immer wieder geäußerter Kritik entgegnete der Landrat: "Der Kreis hat die Windenergie nicht verschlafen. Bis Fukushima war diese aber selten erwünscht und daher kaum diskutiert." Und noch etwas machte Pföhler deutlich: "Die Entscheidung zur Ausweisung von Flächennutzungsplänen und den daraus zu entwickelnden Bebauungsplänen liegt aufgrund der kommunalen Selbstverwaltung bei unseren Verbands- und Ortsgemeinden." Grundsätzlich sei aufgrund der Tatsache, dass rund 94 Prozent der Fläche des Kreises unter Landschaftsschutz stehe, das Potenzial für Windenergieanlagen sehr gering.
Auf die schlechte Positionierung im landesweiten Vergleich der Kreise sagte Pföhler: "Mit der Solarstrom-GmbH, der Umwelt-Lern-Schule, dem Solarkataster, einem Gymnasium im Passivhausstandard sowie der konsequenten energetischen Erneuerung aller kreiseigenen Schulen haben wir schon einiges bewegt."
Um eben jene wenigen Flächen dennoch effektiv nutzen zu können, forderte Harald Neumann, BUND-Vorsitzender in Rheinland-Pfalz, eine übergeordnete Steuerung. "Die Ausweisung von Vorranggebieten muss dringend erfolgen. Nicht minder wichtig ist das Repowering, also die technische Aufrüstung von bestehenden Anlagen auf konzentrierten Flächen", machte er deutlich. Wenn zugleich auch noch die Ausschlussflächen berücksichtigt werden, könne auch der BUND der Windenergie zustimmen. Aber: "Ein 360-Grad-Blick auf Windräder geht auf keinen Fall." Klare Worte der Ablehnung einer "Verspargelung" fand auch Geograf Jürgen Haffke, der in seinem Referat den Kreis Ahrweiler als Natur- und Kulturraum vorstellte. "Jede unnatürliche vertikale Erhebung, das gilt für Windräder ebenso wie für Brücken oder riesige Bauwerke, wirkt störend.
Rund 84 Prozent der Fläche des Kreises Ahrweiler sind bewaldet oder werden landwirtschaftlich genutzt. Diese Erholungs- und Freiräume müssen erhalten bleiben", machte Haffke deutlich. Bei der Diskussion von erneuerbaren Energien seien daher horizontale Bauwerke, wie sie für Fotovoltaikanlagen erstellt werden, zu bevorzugen. Auf die Schwierigkeiten bei der Kombination von Energiewende und Naturschutz ging Manfred Braun, Ornithologe bei der SGD Nord, in der Vorstellung des Vogelschutzgebietes "Ahrgebirge" ein. "Mit einer Fläche von rund 30 500 Hektar ist das Schutzgebiet weit ausgedehnt und strahlt in viele scheinbare Potenzialflächen für Windenergie aus", unterstrich Braun.
Das Schutzgebiet zählt zu landesweit 57 Vogelschutzgebieten. Diese machen mit den rund 120 Flora-Fauna-Habitat-Flächen knapp 25 Prozent der Gesamtfläche von Rheinland-Pfalz aus.
Praktische Berechnungen zum erneuerbaren Energiemix und einen Einblick in die umfangreichen und zeitaufwendigen Planungs- und Bauphasen für eine Windkraftanlage lieferten Wolfgang Schlagwein und Gereon Schürmann in ihren Ausführungen. "Erneuerbare Energien brauchen Fläche. Das ist und wird auch in der Zukunft die begrenzende Variable sein. Wir müssen uns daher Gedanken machen, wie viel der Kreisfläche für diese Energien ausgewiesen werden soll", so Schlagwein, der für die Grünen im Kreistag sitzt. Auch wenn der derzeitige Energiebedarf des Kreises, rund 3300 Gigawatt jährlich, aus erneuerbaren Energien zu decken sei, gelte es vielmehr, den Energieverbrauch in Haushalten, Gewerbe, Industrie und Verkehr zu reduzieren. Die Energiewende sei daher untrennbar mit einer Kulturwende verbunden.
Gereon Schürmann, Mitbegründer der Luftstrom Energiegesellschaft, sorgte für einen Überblick zum planerischen und zeitlichen Ablauf von der ersten Idee über den Bau und die Nutzung bis hin zum Rückbau einer Windenergieanlage. In der anschließenden, von RZ-Redaktionsleiter Uli Adams moderierten Diskussion, wurde die Notwendigkeit des koordinierten Handels einmal mehr deutlich. Umso erfreulicher die Nachricht von Landrat Pföhler: Die regionale Energieagentur des Landes erhält ihren Sitz in der Kreisverwaltung. Dort werden in naher Zukunft zwei hauptamtliche Kräfte für Beratung und Koordinierung der vielen Bestrebungen zum Energiewandel zur Verfügung stehen.
Fazit des gut fünfstündigen Symposiums: Jeder ist zur Bewältigung der Energiewende eingeladen und zugleich auch aufgefordert. Für den Kreis Ahrweiler sollte das Thema daher nicht zerredet werden. Die Frage, ob man in 17 Jahren scheitern wird, kann und darf nicht im Mittelpunkt eines jeden Dialoges stehen.
Von unserem Mitarbeiter Andreas Wetzlar