Koblenz/Sinzig - Sie wollten am frühen Abend des 18. Dezember 2012 ein Sinziger Juweliergeschäft überfallen. Doch die Sache "ging voll in die Hose", wie einer der beiden Täter jetzt vor dem Landgericht Koblenz einräumte.
Erbeutetet haben sie nichts - weder Schmuck noch Geld. Den Inhaber haben sie dafür schwer verletzt. Und sie wurden nur eine gute Stunde später von der Polizei im Nachbarhaus festgenommen.
Die Quittung für diesen völlig verkorksten Abend bekamen sie von der Zweiten Großen Strafkammer in Koblenz: Ein 21-jähriger Bad Breisiger muss drei Jahre hinter Gitter (Jugendstrafrecht), sein 24-jähriger Komplize, der zuletzt nirgendswo gemeldet war, für vier Jahre und sechs Monate. Beide legten vor Gericht ein umfangreiches Geständnis ab. Beide waren bereits wegen mehreren Vergehen vorbestraft und standen zur Tatzeit unter Bewährung.
Vermummt, in schwarzen Klamotten, mit Elektroschocker und Kunststoffpistole bewaffnet, waren die beiden in das Sinziger Juweliergeschäft marschiert. Weil sie Geld brauchten, um sich ihre Drogen - Cannabis und Amphetamine - leisten zu können. Bis zu zwei Gramm Cannabis brauchten sie schon am Tag, kennengelernt hatten sie sich vor vier Jahren "beim Rumhängen" in Bad Breisig. Am Wochenende kamen auf Partys Amphetamine dazu, bei dem 24-Jährigen auch Kokain.
Unter Drogen
Bevor sie also das Juweliergeschäft betraten, hatten sie schon "zwei Joints geraucht" sowie "drei Nasen Amphetamin" genommen. Im Geschäft drängte der 24-Jährige eine Angestellte in einen Nebenraum. Der Bad Breisiger ging in die Werkstatt im hinteren Bereich, wo er den Tresor vermutete. Er bedrohte den 81-jährigen Seniorchef mit der Kunststoffpistole. Sein 24-jähriger Komplize hielt die Seniorchefin in Schach, die durch Rufe einer Angestellten in den Verkaufsraum geeilt war. Sie fing nun schrecklich an zu schreien.
Der Juniorchef (46), der vor dem Geschäft ein Auto umgeparkt hatte, rannte in den Laden, stürzte sich auf den 24-Jährigen und verpasste ihm ein paar Faustschläge. Der Bad Breisiger kam hinzu, wollte seinem Kumpel "helfen" und schlug dem Inhaber mit der Kunststoffpistole auf den Hinterkopf. Die Täter flüchteten, verkrochen sich im leer stehenden Nachbarhaus, das einem Freund gehörte. Eine Stunde später wurden sie festgenommen. Der Hund einer Nachbarin hatte angeschlagen, woraufhin diese die Polizei alarmierte. Seit dem 20. Dezember sitzen sie in Untersuchungshaft.
Mahnung an Täter
Der Juwelier und seine Familie leiden noch heute unter den Folgen des Überfalls. Die 73-jährige Seniorchefin bekommt immer noch jede Woche eine Beruhigungsspritze. Sie sagt: "Wenn ich nachts aufwache, sehe ich oft diese Kerle vor mir. Ich habe Angst, wenn jemand hinter mir geht."
Die 44-jährige Juniorchefin machte ihre Aussage vor Gericht unter Tränen: "Ich habe Angst, wenn ich abends allein sein muss, allein den Laden abschließen soll." Der Seniorchef, der unter Albträumen leidet, mahnte die Täter: "Machen Sie so etwas nie wieder! Tun Sie so etwas niemals wieder jemandem an. Nur dann nehme ich Ihre Entschuldigung an." Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Von unserem Redakteur Jan Lindner