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Marienthal: Keine Frankensiedlung auf KZ-Gelände

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Marienthal - Der Verein Frankensiedlung Nithrindorp hat sich von seinen Plänen verabschiedet, am ehemaligen Regierungsbunker oberhalb der Klosterruine Marienthal auf dem Gebiet der Gemeinde Grafschaft eine Siedlung nach fränkischem Vorbild zu errichten.

"Von diesem Standort sind wir komplett ab", bestätigte der Vorsitzende Mathias Heeb. Auf der Mitgliederversammlung am morgigen Samstag wird es um alternative Standorte gehen - aber nicht mehr um Standorte in der Gemeinde Grafschaft.

Zweifel an der Eignung des Grundstücks waren aufgekommen, nachdem im Juni aufgefallen war, dass sich hier eine Außenstelle des Konzentrationslagers Buchenwald befunden hat. In dem "Lager Rebstock" hatten 1944 in den unterirdischen Tunneln der nie fertiggestellten Bahnlinie zwischen Ahrweiler und Dernau Hunderte KZ-Häftlinge unter schlimmsten Bedingungen Zubehör für die sogenannte Wunderwaffe V2 produzieren müssen. Obwohl seit Monaten die Pläne des Vereins bekannt waren, hatte es zuvor keine öffentlich geäußerten Bedenken wegen der historischen Vorbelastung des Grundstücks gegeben - weder seitens der Bundsanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), die das Grundstück verwaltet, noch seitens der Gemeinde Grafschaft, die das Grundstück für den Vereinszweck selbst favorisiert hatte.

Mathias Heeb hatte zunächst noch Hoffnung, an dem Standort festhalten zu können. Zum Sinneswandel geführt hat offenbar ein Ortstermin, an dem neben dem Vereinsvorsitzenden unter anderem der Grafschafter Bürgermeister Achim Juchem, der Bürgerbeauftragte des Landes, Dieter Burgard, sowie Uwe Bader von der Landeszentrale für politische Bildung und Leiter des NS-Dokumentationszentrums Rheinland-Pfalz, teilgenommen haben. Letzterer soll bei dem Gespräch Ende Juli, über das Vertraulichkeit vereinbart wurde, darauf hingewiesen haben, dass es einen "Sturm der Entrüstung" geben werde, sollte das Gelände der ehemaligen KZ-Außenstelle für eine Freizeitanlage genutzt werden.

Zustande gekommen war das Treffen auf Vermittlung des Vorsitzenden des Bürgervereins Synagoge Bad Neuenahr-Ahrweiler, Klaus Liewald, der auch Mitglied im Verein Frankensiedlung Nithrindorp ist. "Wir werden das Thema in Zukunft aufarbeiten müssen", sagt Liewald und meint mit "wir" die Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Erinnerungsinitiativen zur NS-Zeit in Rheinland-Pfalz. Auch die Gemeinde Grafschaft macht sich Gedanken, wie künftig mit dem vergessenen Kapitel der jüngeren Vergangenheit umgegangen werden soll. Es gibt Überlegungen, das Grundstück zu übernehmen und - gemeinsam mit der Dokumentationsstätte Regierungsbunker - für eine Gedenkstätte zu nutzen. Beispielsweise als Ort für eine Fotodokumentation. "Diesen Aufwand hätte das Thema verdient", meint Juchem. In der kommenden Woche führt die Grafschaft Gespräche mit der Bima, an denen sich auch die Kreisstadt beteiligt, deren Grund und Boden ebenfalls tangiert ist.

Für den Franken-Verein bedeutet die Aufgabe des vermeintlich idealen Standortes einen herben Rückschlag. "Wir fangen wieder bei null an", sagt Heeb. Zwar hatte die Gemeinde Grafschaft insgesamt fünf alternative Standorte für eine entsprechende Bauleitplanung vorgeschlagen, doch laut Heeb richtet der rund 100 Mitglieder zählende Verein sein Interesse nunmehr auf Standorte außerhalb der Grafschaft. Zwei Grundstücke seien in der engeren Wahl. Mehrere Anläufe, auf Grafschafter Gebiet einen Standort zu finden, waren bereits zuvor gescheitert.

Von unserem Redakteur Frieder Bluhm


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